Im Spiegelkabinett des Egos
Der Auflösungsprozess der Suchenden geht weiter. Wie eine Zwiebel, Schicht um Schicht, tauchen lang gepflegte und gehegte Glaubenssätze auf und schreien lautstark nach Aufmerksamkeit. Ich bin Zeugin und Zwiebel gleichermaßen. Ich schaue mir praktisch dabei zu, wie ich mich selber schäle. Ziemlich makaber, aber alternativlos. Zumindest hier.
Was schreit die Suchende denn da?
Da ist immer noch eine, die erwachen will. Eine, die wissen will, ob sich das ganze Leiden und die Entbehrungen gelohnt haben. Eine die festhalten will an der Hoffnung, dass das Leben nicht total abgef*ckt ist und dass es bitte schön einen Sinn hat. Diese Eine ist ziemlich sauer. Sie sagt: „Seit 40 Jahren renne und mache ich, lasse das weltliche Leben ziehen, aber wofür? Wo ist mein Anteil vom großen Glück der Erleuchtung?“
Da sitze ich nun mit dieser wütenden Stimme im Kopf. Ich höre sie nicht nur. Ich fühle sie in jeder Zelle meines Körpers. Ich spüre ihren Schmerz, ihre Verzweiflung. Ich weine ihre Tränen.
Noch mehr Stimmen im Kopf
Und gerne, nur allzu gerne würde eine andere Stimme in mir sie in ein dunkles Loch stecken, sodass ich sie nicht hören und nicht sehen muss. „Kann die nicht mal aufhören? Wenn sie nicht wäre, dann wäre hier alles voll in Butter. Dann wäre das Leben im Flow und voller Präsenz und Hingabe und so.“
Ich finde die Beschreibung, dass das Ego einem Spiegelkabinett gleicht, sehr zutreffend. Aus jeder Ecke grinst dich die Idee der Trennung in verschiedenen Verzerrungen und Verkleidungen an.
Liebevoll den Raum halten
Meine Versuche, die Stimmen zu ignorieren, loszuwerden, zu besänftigen, laufen alle ins Leere. Zum Glück. Denn aus dieser Leere heraus macht sich ein zaghafter Impuls bemerkbar, so sanft wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Er kommt ohne Worte, aber mit einem spürbaren Wissen in meinem Herzraum. Wenn es Worte bräuchte, würden sie in etwa so lauten: „Nimm sie in den Arm, all diese verirrten Stimmen. Halte sie, solange sie gehalten werden wollen. Sie wollen gesehen und gewürdigt werden wie alles, was lebt.“
Frieden beginnt in dir – in jedem Moment, in dem du bereit bist, alles zu umarmen, was auftaucht.