Vergiss das Erwachen!
Der Wunsch nach Erwachen war so viel Jahrzehnte die Karotte vor meiner Nase, hat mich ausgerichtet, mich dranbleiben lassen. Und dann? Dann wurde dieser einst hilfreiche Wunsch zum Hindernis. Er zementierte meine Identität als die Suchende. Er fütterte meine Sehnsucht nach Sinn.
Erwachen ist ein Konzept
Die letzten Wochen konnte ich beobachten, wie ich immer wieder Zuflucht im Erwachen gesucht habe, nur um im selben Moment zu erkennen, dass es keine Zuflucht gibt. Erwachen ist ein Konzept. Erwachen ist ein Gedanke.
Doch ich jage keine Gedanken mehr. Ich stelle nichts mehr zwischen mich und das Leben. Ich verstecke mich nicht mehr. Ich stehe hier – verletzlich und berührbar. Ich bin mit allem, was ist. Bedingungslos.
Vergiss das Erwachen!
Da ist ein Instinkt, roh und ungeschliffen, der mich leitet. Er führt mich in die Tiefe des Menschseins, in den Schmerz, in die Unschuld, in die Wunde, ins offene Herz. Da ist Liebe, Mitgefühl, Staunen und Neugier.
Die direkte und unmittelbare Erfahrung des nackten Lebens ist vertraut und innig und unpersönlich gleichermaßen. Es gibt nicht deine Geschichte und meine Geschichte. Es gibt nur Menschsein. Es gibt nur eine Frage: „Bist du bereit, alles zu umarmen? Alles? Ohne Ausnahme?“
„Vergiss das Erwachen!“ – flüstert mir eine Stimme. Das hier, genau das hier und jetzt, das ist es.